#Yesoppo #nogroko – Warum dieser Mehrheitsentscheid der Brexit für die SPD sein wird.

Diese Große Koalition ist der Brexit für die SPD.

Der Brexit überstimmte die junge Generation, verursachte Chaos, hatte kein Zukunftskonzept und verschärfte die Spaltung zwischen der gemäßigten und progressiven Linken in Sachen Europa.

Deutschland ist eine Parteiendemokratie. Deswegen war der Mitgliederentscheid richtig und wichtig für den weiteren Regierungsverlauf. Aber für die SPD kann er ein Sargnagel sein, den einzuschlagen ich mir nicht anheften muss.
Dass mich der SPD-Entscheid traurig macht, ist die offensichtlich kurzfristige Wirkung. Langfristig werde ich mit dieser Entscheidung zu leben haben. Länger übrigens, als manche, die mitentschieden haben und deren Alterskohorte hier prozentual höhere Einflusskraft hatte als meine. Ich denke, dass ich mich damit von der SPD verabschiede.
Das mit dem Brexit ist insofern gemeint, als dass hier ein kurzfristiges Ziel („Wir müssen für Regierung und Stabilität in diesem Land sorgen“) einem langfristigen Ziel („Wir müssen die Sozialdemokratie in diesem Land erneuern und politisch signifikant verändern“) vorgezogen wurde.
Eine andere Antwort als „Weiter so“ ist aus den Mündern der Stabilitätsfetischisten und Großkoalitionären nicht zu hören. Niemand von denen macht sich Gedanken, was in 10, 20 oder 50 Jahren mit dem Land, seiner Bevölkerung und der SPD geschieht. Deswegen war es eine Umformulierung von „Nach mir die Sintflut“ in „Nach mir der sozialdemokratische Niedergang“. Dieser Zynismus, diese Kälte, dieser Egoismus tut weh, er macht einen aber auch stärker.
Die andere Parallele mit dem Brexit ist, dass die Älteren über die Zukunft der Jüngeren bestimmen. Was nicht schlimm wäre, wenn sich diese Zukunft auf mehr als vier Regierungsjahre erstreckten.
Was werden die Neumitglieder, die politisch Interessierten, die wankenden und zankenden Menschen der jungen Generation wohl tun? In Resignation verfallen? Radikaler werden? Ruhig bleiben?
Ein weiterer Wendepunkt, der einen politischen Aufbruch hätte bedeuten können, wurde verschwendet.
Mit den Piraten reihen sich nun auch die Jusos in eine Riege verschwendeter Geister, verbrauchter Talente und ignorierter zukunftsfähiger Konzepte.
Als wir die Piraten verbrauchten, kam die AfD, kam PEGIDA. Jede vertane politische Chance auf der linken Seite, produziert eine neue auf der anderen Seite. Wir können nur mutmaßen, was die enttäuschten, die rastlosen, die auf Wende hoffenden Menschen tun werden. In Zeiten großer Koalitionen war Opposition nie notwendiger, nie ambivalenter als heute. Schade, dass diese Kraft, diese Stimme nicht aus der SPD kommen kann.
Die SPD-Mitglieder haben dem Land und sich selbst die eigenen Zukunft verbaut. Sie fahren auf Sicht und werden jegliche Widerstände, Krisen und Fehler wie gottgegeben und vom Himmel gefallen hinnehmen. Dabei sind diese Dinge selbst gemacht und selbst hervorgerufen.
Dabei werden heute auch noch andere wichtige Dinge entschieden, die einen relevanten Einfluss auf uns haben werden:
Die Wahl in Italien und das No-Billag-Referendum in der Schweiz.
In Italien wird auch über die Zukunft der EU und des Euro entschieden. Es ist wahrscheinlich, dass eine rechte Mehrheit aus Forza Italia, Lega Nord und M5s diese Wahlen gewinnen. Genaueres wissen wir heute Abend. Wird diese Parlamentsmehrheit die Euro-Gängelei, die deutsche Dominanz und die Flüchtlingsabwälzung Europas auf sie weiterhin akzeptieren? Wird das die Bevölkerung mehrheitlich mittragen?
Eine Anti-EU-Stimmung und Haltung in Italien, einem Gründungsland, könnte große Risse in die Union treiben. Ob die jetzige Regierung diese Problematik erkennen wird und danach handelt, ist mit dem jetzigen Koalitionsvertrag weder erkennbar noch vereinbar. Welches „Weiter-So“ würde die Italiener überzeugen, dass massive Jugendarbeitslosigkeit, Exportausbeutung durch Deutschland und Alleinelassen mit den Geflüchteten sich nun gewaltig ändern werden? Diesen Sprung im Quadrat weiszumachen schafft nicht mal der größte Regierungsverantwortungsfanatiker.
Wie auch? Wenn die Öffentlich-Rechtlichen, Klaus Kleber in seiner Ansprache und diverse Kommentare uns weiszumachen versuchen, dass der Koalitionsvertrag das Beste aller möglichen Welten darstellt, dabei aber öffensichtlich nicht das Kleingedruckte lesen, vom Nichtgedruckten ganz zu schweigen. Einmal, einmal wird der öffentlich-rechtlichen Rundfunk erwähnt und nicht erkannt, in welcher Vertrauenskrise er steckt. Nicht erwähnt wird, was dieser mit der Digitalisierung und dem Medienumbruch zu tun hat.
Und zeitgleich mit der Abstimmung über dieses Pamphlet der Ideenlosigkeit wird in der Schweiz, eine der gefestigteren Demokratien der Welt, eine Urabstimmung über die öffentlich-rechtlichen Medien durchgeführt. Wie kann, unabhängig von seinem Ausgang, noch von öffentlich-rechtlichen Medien gesprochen werden, wenn der Einfluss unserer Gesellschaft auf seine Programme, seine Personen, seine Gebühren so gering ist?
Brexit war ein Ergebnis, das fast niemand kommen sehen wollte, welches in den Untergang drängt. Die Mehrheit der SPD-Mitglieder will offenbar nicht den Untergang sehen, dem sie sich mit dieser Entscheidung genähert hat.
Oder anders gefragt: Wie tief muss die SPD sinken, bevor sie merkt, dass sie auf Grund läuft?